Herr Schellong aus München im Havelland

ein Moped vor seinem Zelte stand… ähm…. Nochmal neu:

Eigentlich sollte man meinen, dass ich inzwischen weiß, wie das mit dem Motorradreisen geht. Aber es ist doch jedesmal aufregend:

alles packen, im letzten Moment doch noch Müsliriegel kaufen, passt mit der Technik alles, bin ich fit, will ich das überhaupt? Ja, ich will das und bin allen daheim sehr dankbar, dass sie mich mit so viel Liebe und gutem Gefühl losgeschickt haben. Mal wieder alleine fahren – Zeit, zum innerlich neu kalibrieren. Oder zumindest, um damit anzufangen. Es war ein sehr intensives langes Jahr, von Ende Corona bis Umzug und der neuen Erfahrung, den eigenen Rasen zu mähen. Jedenfalls bin ich heute gut losgekommen, das Wetter war großartig 22-32 Grad. Viel Autobahnlangeweile und Raststättenromantik.

Und jetzt wieder so ein komischer deutscher Campingplatz, an dessen Rezeption die biertrinkende Dauercampertraube immerhin freundlich skeptisch beäugt, was da aus dem Süden kommt und was das hier will. Luftlinie 300 Meter von der A10 weg – als Zwischenstopp ideal, aber die Nähe zum Havelkanal lässt offenbar so manchen Wohnwagen Wurzeln schlagen und sich hinter Thujenhecken ducken.

Ich bin den ganzen Tag schon mit meinen Vorurteilen gegen alle Landstriche beschäftigt, durch die ich fahre (in Oberfranken der einzige Regentropfen und ab dem Willkomensschild in Thüringen habe ich nach AfD-Anzeichen gesucht, vergeblich natürlich, die wächst ja im Verborgenen).  Und jetzt hier, wo im Nachbarwohnwagen die Frau den Mann in breitestem Sächsisch anschreit, weil er den dummen Schlüssel ja nun wirklich jeden Tag verlegen würde.

Ich bin bestens durchgekommen, trotz Polizeieinsatz und Kurzzeitvollsperrung, geplatzten LKW-Reifen und schmerzendem Hintern – alles nur kleine Aufbruchanekdoten.

Morgen also kein Stress, die Fährgesellschaft hat mich vom gecancelten Samstagnachmittag auf Sonntagfrüh gebucht. Also gemütlich vormittags über Landstraßen in Richtung  Rügen, dort an der Ostsee nochmal campieren und am Sonntag erst nach Schweden. So isses! Unterbrechungen sind die Reise. Sagt Ted Simon – aber das weiß inzwischen wohl jeder.

Ich bin inzwischen schon sehr hightech-mäßig ausgerüstet – ein komischer Kontrast zum Wunsch nach Einfachheit und Camping. Aber digitale Sicherheit rund ums Motorrad und die Musikauswahl meiner Jungs im Helm während der Fahrt, das ist schon klasse.

Für heute bin ich sehr zufrieden – mit mir, weil ich losgefahren und angekommen bin, und mit der Welt, weil sie mich gelassen hat. Außerdem bin ich satt.

Der Nachbar hat inzwischen den Schlüssel gefunden und ich könnte doch einfach mal um 9 ins Bett gehen. Bevor mich die Mücken ganz zerstechen.

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