Von vergesslichen Skandinaviern und Feuer am See

Zum ersten Mal richtig lang und erholsam geschlafen. Eigentlich wollte ich früh los, weil ich heute ein bisschen Strecke machen wollte, aber die Sonne und der Platz waren einfach zu schön und ich hab doch getrödelt.

Macht nichts, denn viele Kilometer kann man auch später am Tag noch fahren – unter dem Strich sind es gut 430 geworden und ich bin nur noch knapp 200 km unter Strömsund, dem Ausgangsort für den Vildmarksvägen.

Obwohl ich das inzwischen ja nun eigentlich schon kenne: Es gibt immer wieder diesen Moment, wenn man stundenlang durch die Wälder fährt, dann plötzlich über einen Hügel, vor einem eine schnurgerade Landstraße und man in alle Richtungen bis zum Horizont nur Wald sieht. Diese Weite ist immer wieder aufs Neue beeindruckend und auch ein bisschen beängstigend. Und außerdem ist es zum Fahren dann doch auch stinklangweilig. Nachdem ich meine täglichen Jodelübungen und kleine Versuche im Obertongesang zur Ablenkung versucht habe, blieb dann irgendwann nur der Rückzug in die eigenen Gedanken.

Und weil heute kein Tag für Tiefgreifendes war (auch, weil ich zuletzt die Erfahrung gemacht habe, dass mir das gar nicht immer gut tut), stelle ich mir Fragen über Land und Leute. Zum Beispiel, ob die Skandinavier insgesamt ein sehr vergesslicher Menschenschlag sind und vielleicht deshalb alle in ihren Vorgärten ihre Landesflaggen hissen – vielleicht, damit sie nicht vergessen, wo sie sind. Bei so viel Wald außen herum könnte das ja durchaus passieren.

Schlussendlich bin ich dann heute auf einem Naturcampingplatz gelandet, das ist eigentlich kein richtiger Campingplatz, sondern nur ein Stückchen Wald, das wie von Pfadfindern erschlossen und mit einer Trockentoilette und einem Wasseranschluss ausgestattet ist und mit einer Hütte zum unterstellen. Und natürlich romantisch am See gelegen.

Die Schweden wären nicht die Schweden, wenn sie das Outdoor-Leben nicht doch auch noch etwas mehr zelebrieren würden. Also gibt es auch noch eine Feuerstelle, ein Sprungbrett in den See

und natürlich eine frei zugängliche, mit Holz befeuerbare Sauna.

Für die Sauna ist zwar nicht genug Holz da (und außerdem bin ich auch zu faul, um sie anzuheizen),

aber für ein kleines Lagerfeuer, das nun seit bald 2 Stunden neben mir brennt, reicht es aus.

Ich kann mein Glück kaum fassen: alleine im schwedischen Wald am See neben einem Lagerfeuer. Ich glaube, das war genau das, was ich in diesem Urlaub erleben wollte.

Inzwischen habe ich meinen Reiseplan auch noch etwas weiter ausgearbeitet. Wenn die Homepage der blöden  Fährgesellschaft funktionieren würde, würde ich mir noch eine Fähre für kommenden Mittwoch von Stockholm nach Danzig buchen, das spart mir einige 100 km Fahrt durch Schweden und – weil die Fähre über Nacht geht – ermöglicht mir, bis kommenden Mittwoch in Ruhe weiter in Schweden unterwegs zu sein und trotzdem am Freitag zum Wochenende wieder bei meiner lieben Familie.

Jetzt lass ich das Feuer ausgehen und mach noch zwei oder drei allerletzte Fotos von diesem unglaublich glatten und friedlichen See und bin für den Moment einfach glücklich und zufrieden.

 

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