Ein kleines Fazit

Die Luft ist raus. Ich bin jetzt in einer Ecke Schwedens, die ich ein bisserl fad finde. Und fahrtechnisch gibt es auch nicht mehr so viel her. Also im Ausklang noch ein wenig Kultur und ein kleines Fazit.

Heute erst gegen 11 los. Bei Tanum (rund 130km über Göteborg) gibt es bronzezeitliche Felsritzungen, die ich mir angesehen habe.

Schön ist, dass die Infotafeln sehr reflektiert mit dem Problem umgehen, dass man eigentlich nicht genau weiß (und wissen kann), was mit den Zeichnungen im Einzelnen gemeint ist. Insgesamt: Es geht auch im angeschlossenen Museum nicht so sehr darum, akademische Gelehrsamkeit zu zelebrieren und Wahrheiten zu transportieren, als vielmehr darum, Zugänge zu ermöglichen und Probleme zu entfalten (auch darum, die bisherigen Problemlösungsansätze zu historisieren und zu kontextualisieren).

Und jetzt? Jetzt sitze ich, nachdem ich mir den Bauch mit Nachochips vollgehauen habe, auf einer Bank unter einem Baum in der Abendsonne und reflektiere ein klein wenig über den Urlaub.

Es war gut, dass ich ihn gemacht habe. Es war auch gut, dass ich ihn nicht abgebrochen habe. Ich bin meinen Leuten sehr für ihre Unterstützung dankbar – dass sie mich haben ziehen lassen und dass sie mir bei Krisen ihre Ohren geliehen haben. Ich freue mich, bald wieder alle zu sehen.

12-14 Tage sind eine gute Zeit für einen Motorradtrip. Ich hab mal wieder viel über mich gelernt, hab die Herausforderungen gut gemeistert und bin damit ganz zufrieden. Ich würde bei schönem Wetter jederzeit wieder und auch länger mit dem Motorrad hier hoch. Noch tiefer in die Wälder vielleicht – aber nicht alleine. Ein Backup, auch für den Notfall, wäre nicht falsch.

Das Motorrad ist ein großartiger Generalist. Es schafft den Mix aus Autobahn, Landstraße und Waldweg gut. Wobei es für den Waldweg einfach zu sehr SUV ist, zu dick, zu viel Leistung. Wir haben uns angefreundet in diesem Urlaub, die ganz große Liebe ist es aber (noch) nicht, was aber vielleicht auch an dem Problem mit der Sitzbank liegt, die ich mir kurzfristig noch besorgt habe. Ja, der Kniewinkel ist zum fahren angenehmer, aber die Bank ist furchtbar  unbequem und passt ergonomisch überhaupt nicht zu mir. Die Höhe ist auch nicht die richtige, wenn es heikel wird und ich beide Füße fest auf den Boden bringen möchte, ist sie einfach zu hoch. Darüber muss ich noch nachdenken, genauso, wie ich bestimmt bald auch wieder darüber nachdenken werde, ob ich nicht insgesamt lieber in die etwas leichtere Mittelklasse wechseln möchte.

Mein Equipment hat perfekt gepasst, ich bräuchte eher noch weniger. Aber der Luxus des großen Stuhls hat sich gelohnt. Nur einen neuen Schlafsack werde ich mir über kurz oder lang besorgen müssen, nach über 20 Jahren hat dieser, trotz der Aufpolsterung vor vier Jahren, die Susanne organisiert hat, seine beste Zeit einfach hinter sich. Zelt und Isomatte haben sich bewährt – wobei, was soll das schon heißen: Ich hatte ja einen reinen Schönwetterurlaub. Aber klar ist, man braucht viel weniger, als man zu Hause immer annimmt. Zum Beispiel fahre ich nun schon zum zweiten Mal einen Benzinkanister am Koffer spazieren, eigentlich nur als reines Deko-Objekt, denn natürlich gibt es immer genug Tankstellen in Reichweite. Aber es sieht halt sehr nach Abenteuer aus. Und ich konnte unterwegs jemanden damit helfen. Also, vermutlich nehme ich ihn auch beim nächsten Mal wieder mit.

Was ich anders machen würde: Ich würde mir weniger vornehmen. Noch weniger. Ja, man kann in drei Wochen ans Nordkap und zurück. Ja, man kann in zwei Wochen zum Vildmarksvägen und zurück, aber das fordert zwischendurch einfach immer wieder diese langen Transferetappen, in denen man sich den Arsch wund sitzt. Das ist gut, um abzuschalten, man hat Zeit zum Nachdenken. Aber wirklich sinnvoll ist es nicht immer. Vielleicht lieber noch mehr die kleinen (Um)Wege genießen und vielleicht nur 100 oder 150 km am Tag machen. Aber Schweden hat sich in jedem Fall als Motorradreiseland (zumindest bei so schönem Wetter) bewährt.

Übrigens ist mir eine Sache aufgefallen, die mir früher schon aufgefallen ist, da dachte ich aber noch, dass das Zufall ist: Motorrad fahren in der Verbindung mit Zelten hilft – zumindest mir – gegen Rückenschmerzen. Während ich am Anfang noch ziemlich mit den Lendenwirbeln zu kämpfen hatte und auch das Liegen auf der Isomatte nicht wirklich genussvoll war, ist mir heute während der Fahrt aufgefallen, dass ich seit ein paar Tagen quasi keine Schmerzen habe. Ob das daran liegt, dass ich insgesamt mehr Bewegung habe (immerhin muss man zu jedem Mal pinkeln aus dem Zelt und gegebenenfalls einmal quer über den Campingplatz laufen) oder ob, was ich kürzlich gelesen habe, die Vibrationen beim Motorradfahren tatsächlich einen günstigen Einfluss auf die Bandscheiben haben (es gibt wohl Physiotherapeuten, die das Patienten empfehlen), das weiß ich nicht. Aber es hilft und wie sagt man so schön: Man soll immer mehr von dem machen, was einem gut tut. In diesem Sinne geht es morgen nach Göteborg und nach Hause – darauf freue ich mich sehr! Aber still und leise fangen in meinem Hinterkopf die Gedanken an, wohin die nächste Motorradreise gehen könnte. Denn das ist das, was mir beim Motorradfahren am meisten Spaß macht: das Reisen. Die Tagestouren ins münchner Umland sind manchmal nett, aber so wirklich ist das nicht mehr, was mich begeistert.

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